BGM im Rahmen der ISO 45001 / 2 BGM unter Standardisierungs- und Zertifizierungsgesichtspunkten

Oliver Walle

Da es keine gesetzliche Verpflichtung für das BGM gibt, gibt es auch keine verpflichtend einzuhaltende Vorgehensweise und Ausgestaltung. Ausgehend von der 1997 erstmals erstellten Luxemburger Deklaration zur Betrieblichen Gesundheitsförderung wurden im Laufe der Zeit zahlreiche Checklisten und Leitfäden erstellt, die einen guten Hinweis für den Prozess, die Erfolgskriterien, Strukturen und Maßnahmen geben. Hierzu zählen z. B.:

  • Luxemburger Deklaration,
  • BGF-Kriterienliste des EWHP,
  • GKV-Leitfaden Prävention,
  • Qualitätskriterien im Präventionsfeld „Gesundheit im Betrieb“ der gesetzlichen Unfallversicherungsträger und der DGUV,
  • Anforderungen für ein Gesundheitsmanagementsystem auf Basis des DGUV-Grundsatzes 311-002,
  • DIN SPEC 91020 Betriebliches Gesundheitsmanagement,
  • Antrags-/Qualifizierungsbögen von Awards (z. B. Corporate Health Award, Deutsches Unternehmenssiegel Gesundheit).

Oftmals sind gleiche Kriterien in vielen Checklisten vertreten, z. B. „Einbezug der Belegschaft“ oder „Prozessorientierte Vorgehensweise nach dem PDCA-Zyklus“. Die Entstehung dieser Kriterien geht zum Teil auf wissenschaftliche Erkenntnisse zur erfolgreichen Gestaltung eines BGM zurück, zum anderen basieren sie auf Praxiserfahrung. Für Unternehmen bieten sie einen Überblick, welche Aspekte in einem BGM relevant sein können, wobei nicht klar daraus hervorgeht, ob nun alle Kriterien relevant sind oder auch nur eine Auswahl getroffen werden kann. Einige Checklisten sind sehr umfangreich und stellen die Bandbreite der möglichen BGF-Angebote dar, auch wenn, je nach Unternehmensbedarf, nur die ein oder andere Maßnahme relevant ist. Daher gilt grundsätzlich, dass nicht die Erfüllung aller Kriterien einer Checkliste als Kennzeichen eines guten BGM dient, sondern nur die derjenigen, die für die Bedürfnisse eines Unternehmens relevant sind.

 

Eine Besonderheit ist der GKV-Leitfaden Prävention. Primär werden hier Auslegungen und Qualitätskriterien der gesetzlichen Krankenkassen in Bezug auf die §§ 20 (Individualprävention) und 20b (Betriebliche Gesundheitsförderung) des SGB V dargestellt. Diese sind Grundlage für eine finanzielle und fachliche Unterstützung der Kassen für Unternehmen sowie für die damit verbundene Zertifizierung von Anbietern und Präventionskursen. Darüber hinaus dient der GKV-Leitfaden Prävention auch als Grundlage für die Steuerbefreiung von Leistungen des Arbeitgebers zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben gemäß § 3 Nr. 34 EStG. Hierbei müssen die Leistungen hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen. Während für die Zertifizierung der Individualprävention nach § 20 SGB V die Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) zuständig ist, existiert für die Betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V noch kein Verfahren. Bis es ein solches gibt, müssen Unternehmen die Umsetzung einer solchen Zertifizierung direkt mit einer Krankenkasse besprechen.

 

Während die Mehrzahl der Kriterien-/Checklisten eine individuelle Sammlung von Aspekten/Kriterien der Autoren darstellt, handelt es sich bei der DIN SPEC 91020 um ein zertifizierbares Managementsystem. Dieses reiht sich ein in die Gruppe der anderen bekannten Systeme, wie ISO 9001 (Qualitätsmanagementsystem), ISO 14001 (Umweltmanagement) und BS OHSAS 18001 (Arbeitsschutzmanagement). Letztere wurde 2018 durch die DIN ISO 45001 „Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ abgelöst. Die Gruppe kennzeichnet sich durch die High Level Structure, eine einheitliche Grundstruktur für Managementsystemnormen.

 

Diese sieht folgende Kapitelstruktur vor:

  • Anwendungsbereich
  • Normative Verweisungen
  • Begriffe
  • Kontext der Organisation
  • Führung
  • Planung (für das Managementsystem)
  • Unterstützung
  • Betrieb
  • Bewertung der Leistung
  • Verbesserung

Auch die DIN SPEC 91020 besitzt diese Struktur, obwohl es sich bei ihr nicht um eine ISO-Norm, sondern lediglich um eine öffentlich verfügbare Spezifikation (Publicly Available Specification [PAS]) handelt, welche aber durch das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) veröffentlicht wurde.

 

Für den Aufbau und die Gestaltung eines BGM nach dieser Spezifikation sieht die DIN SPEC 91020 im Gegensatz zu den sonstigen Kriterien-/Checklisten keine losgelösten Einzelkriterien vor, sondern einen BGM-Prozess nach dem PDCA-Zyklus und definiert hierzu Anforderungen. So muss im Vorfeld der Planung des BGM der Kontext der Organisation dargestellt werden, hierzu gehören Informationen zu Herausforderungen, zur Sichtweise der interessierten Parteien (z. B. Handlungsansätze für ein BGM aus Sicht der Geschäftsleitung) sowie ein Bekenntnis zur Vorgehensweise nach dem PDCA-Zyklus.

 

In Kap. 5 werden die Anforderungen an das Führungsverhalten definiert, zu denen die Selbstverpflichtung der Leitung, die Werte und Leitlinien, die Gesundheitspolitik sowie die Aufgaben und Verantwortung der obersten Leitung gehören. Die Kap. 6 (Planung), 7 (Betrieb), 8 (Ev…

 

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr? Dann testen Sie hier live & unverbindlich Haufe Personal Office Platin 30 Minuten lang und lesen Sie den gesamten Artikel.

 

Zurück zur Blog Übersicht